Der Wecker klingelt um 5:45 Uhr. Nein, kein romantischer Sonnenaufgang. Sondern Baumaschinen, Thermoskanne, und das allgegenwärtige Piepen vom Rückwärtsgang des Baggers. Willkommen auf einer typischen Glasfaser-Baustelle – irgendwo zwischen Verteilerkasten und Wohnzimmeranschluss. Heute nehmen wir euch mit auf einen echten Arbeitstag im Glasfaserausbau. Spoiler: Es wird dreckig, laut und erstaunlich präzise.

07:00 Uhr – Baustellenbesprechung und Lageplan-Check

Noch ist der Kaffee wichtiger als der Presslufthammer. Die Kolonne trifft sich auf dem Hof des Bauunternehmens oder direkt an der Baustelle. Auf dem Plan: eine sogenannte FTTH-Verlegung (Fiber to the Home). Das bedeutet, die Glasfaser wird nicht nur bis zum Bordstein gelegt, sondern tatsächlich direkt ins Haus.

Der Bauleiter hat bereits das Aufmaß vom Vortag in der Hand – inklusive der Trassenführung, also dem Verlauf der geplanten Leitungen. Hier gibt es oft Überraschungen: falsch eingezeichnete Hausanschlüsse, unbekannte Stromleitungen oder die berühmte nicht kartierte „Oma’s Wasserleitung“. Deshalb wird jedes Projekt zunächst eingemessen und mit dem Auftraggeber abgestimmt.

08:00 Uhr – Aufbruchstimmung, wortwörtlich

Jetzt geht’s ans Eingemachte. Mit Hilfe eines Minibaggers werden Gräben gezogen – in der Regel 40 bis 60 cm tief und etwa eine Handbreit breit. Das reicht, um die Leerrohre (Speedpipes) zu verlegen, durch die später das Glasfaserkabel eingeblasen wird. Wer glaubt, das sei einfach, hat noch nie neben jahrzehntealten Abwasserleitungen oder überraschend wackeligen Stromkabeln gearbeitet.

Und dann ist da noch die Sache mit dem Verlegetempo: Ein geübtes Team schafft zwischen 100 und 300 Meter pro Tag – je nach Untergrund, Wetter und Verkehrsführung. Asphalt aufbrechen? Geht. Kopfsteinpflaster? Ein Gedicht für jedes Bauunternehmen (nicht). Private Auffahrten? Vorsicht, da ist jede zweite „neu gemacht worden“.

10:30 Uhr – Wenn es läuft, dann läuft’s (oder auch nicht)

Der Bagger arbeitet sich Meter für Meter vor. Zwei Kollegen legen die Speedpipes direkt in den Graben, inklusive Sandbettung, um sie vor Beschädigungen zu schützen. Wichtig ist dabei auch die Zugentlastung: Das spätere Einblasen der Glasfaser darf die Leitungen nicht verziehen oder knicken.

Mittlerweile ist auch das Einblasteam angerückt. Mit einer speziellen Kompressor-Maschine – liebevoll „die fauchende Kiste“ genannt – werden die Glasfasern später mit Luftdruck durch die Speedpipes geschossen. Das Ganze erinnert ein bisschen an Rohrpost – nur eben mit Datenraten bis zu 10 Gbit/s.

13:00 Uhr – Mittagspause zwischen Kabelrollen

Schnitzelbrötchen auf der Ladefläche, Thermoskanne im Schatten vom Transporter. Zeit für ein paar gute Sprüche: „Was ist schneller – das Licht oder der Baufortschritt?“ Gelächter. Und doch: Viele verstehen nicht, wie aufwendig der Glasfaserausbau wirklich ist. Es geht nicht nur darum, ein Kabel zu verlegen. Es geht um Präzision, Koordination mit Hausbesitzern, Absprache mit der Gemeinde, Wetterbedingungen – und viel Handarbeit.

14:00 Uhr – Hausanschlüsse: Die Königsdisziplin

Jetzt wird’s heikel. Der Hausanschluss steht an – das heißt, das Speedpipe wird vom Gehweg bis ins Gebäude geführt. Entweder über eine Hauseinführung (Kernbohrung durch die Wand), oder – falls vorhanden – durch bestehende Leerrohre. Hier muss alles stimmen: die Tiefe, der Winkel, die Abdichtung gegen Feuchtigkeit (Stichwort Dichtpackung), und natürlich die Kommunikation mit dem Hausbesitzer. Denn wenn jemand keinen Bagger in der Rosenrabatte will, wird es diplomatisch.

Innen wird die Glasfaseranschlussdose (GF-AP) montiert, meistens im Keller. Das Spleißen – also das millimetergenaue Verschmelzen der feinen Glasfasern – übernimmt ein Spezialist. Das ist echte Feinarbeit: Zwei Fasern, dünner als ein Haar, müssen exakt aufeinander ausgerichtet und verschweißt werden. Wer da zittert, sollte lieber Kabel rollen.

16:30 Uhr – Abnahme und Aufräumen

Die Verbindungen sind geprüft, das Signal steht, die Abdeckung ist drauf, und der Gehweg sieht (fast) wieder so aus wie vorher. Jetzt folgt die Dokumentation: Fotos, Längenangaben, Positionen – alles wird digital erfasst und dem Auftraggeber übergeben. Wer später wissen will, wo genau das Rohr liegt, muss auf diese Daten zurückgreifen können.

Ein guter Bauleiter lässt am Ende noch einen prüfenden Blick über die Baustelle schweifen. Liegt alles ordentlich? Wurde der Zaun wieder aufgestellt? Gibt’s Anwohnerfragen? Dann ist Feierabend – und morgen geht’s weiter, ein paar Straßen weiter, ein paar Anschlüsse mehr.


Fazit:

Der Glasfaserausbau klingt von außen oft nach ein paar Baggern und Kabeln. In Wirklichkeit ist es ein hochkomplexes Zusammenspiel aus Technik, Koordination, Handwerk und nicht selten Improvisation. Jeder Anschluss ist ein kleines Projekt für sich. Und doch: Mit jedem Meter wächst das Netz, mit jeder Spleißung wird die digitale Zukunft ein Stück greifbarer – oder zumindest: sichtbar durch die Glasfaser.