Entstörung im Glasfaserausbau:
Der Glasfaserausbau bildet das Rückgrat der digitalen Infrastruktur – ob für den Breitbandausbau im ländlichen Raum, den 5G-Rollout oder den Aufbau hochverfügbarer Unternehmensnetzwerke. Doch trotz sorgfältiger Planung und moderner Verlegetechniken bleibt ein Thema besonders kritisch: die Entstörung. Fehler in Glasfasernetzen können gravierende Auswirkungen auf Dienste, Unternehmen und Endkunden haben. Umso wichtiger ist ein systematisches, technologisch fundiertes Vorgehen bei der Fehlerdiagnose und -behebung. In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf die typischen Fehlerquellen, die Messtechnik zur Fehleranalyse und geben einen Überblick über Best Practices in der Entstörung von Glasfasernetzen.
1. Typische Fehlerursachen im Glasfaserausbau
Glasfasernetze sind grundsätzlich weniger störanfällig als kupferbasierte Leitungen, jedoch keineswegs immun gegen Fehler. Häufige Ursachen sind:
Mechanische Beschädigungen
- Knicke oder Quetschungen der Faser beim Einblasen oder Verlegen.
- Unabsichtliches Durchtrennen bei Tiefbauarbeiten (z. B. durch Bagger).
- Mikrobiegungen, die durch zu enge Biegeradien entstehen und die Dämpfung erhöhen.
Spleiß- und Steckverbindungsfehler
- Unsaubere Spleißungen mit hoher Rückflussdämpfung (Return Loss).
- Verschmutzte oder beschädigte Steckverbinder (LC, SC, E2000 etc.).
- Mismatching bei Mehrmoden- oder Singlemode-Verbindungen.
Umwelteinflüsse
- Wassereintritt in Muffen oder Schächte (führt zu Langzeitschäden durch Korrosion oder Dämpfungsänderung).
- Temperaturschwankungen, die zu Längenveränderungen und Signalverzögerungen führen können.
Systemtechnische Fehler
- Wellenlängenkonflikte bei WDM-Systemen.
- Fehlerhafte Aktivkomponenten (Transceiver, Multiplexer, OLT/ONT).
2. Diagnosetools und Technik zur Entstörung
Eine systematische Entstörung beginnt mit der richtigen Messtechnik. Hier kommen verschiedene Prüfgeräte zum Einsatz, je nach Fehlerbild und Netzstruktur.
Optical Time Domain Reflectometer (OTDR)
Das OTDR ist das zentrale Diagnosewerkzeug in der Glasfasertechnik. Es sendet kurze Laserimpulse in die Faser und analysiert das rückgestreute Licht. So lassen sich Länge und Ort von Dämpfungsspitzen, Reflexionen oder Faserbrüchen exakt bestimmen und Spleißstellen, Verbinder und Splitterverluste lokalisieren. Es ist möglich, Fehler auf mehreren Kilometern präzise bis auf wenige Meter zurückverfolgen.
Dämpfungsmessung (OLTS – Optical Loss Test Set)
Mit einem Lichtquellen- und Leistungsmesserset wird die Einfügedämpfung (Insertion Loss) zwischen zwei Endpunkten gemessen. Diese Methode eignet sich besonders zur Abnahme und Qualitätskontrolle – aber auch zur Eingrenzung von Dämpfungsproblemen im Entstörungsfall.
Inspektion und Reinigung von Steckverbindern
Verschmutzungen an Ferrulen oder Endflächen sind eine der häufigsten Ursachen für Signalprobleme. Mit Mikroskopen (z. B. Video-Inspektoren) und Reinigungssets kann der Zustand beurteilt und gegebenenfalls direkt verbessert werden.
Live-Fiber-Detection
Wenn Glasfaserleitungen im Betrieb stehen, ist immer Vorsicht geboten. „Live Fiber Detectors“ erkennen, ob ein optisches Signal anliegt, ohne den Betrieb zu unterbrechen – nützlich bei komplexen Netzen oder bei der Fehlersuche im laufenden Betrieb.
3. Vorgehensweise bei der Entstörung im Glasfaserausbau – Schritt für Schritt
Ein strukturierter Ablauf ist bei der Entstörung im Glasfaserausbau entscheidend, um schnell und effizient Fehler zu beheben:
1. Fehlermeldung analysieren
- Welcher Dienst ist betroffen?
- Gibt es Hinweise auf eine physikalische Trennung (z. B. durch Bauarbeiten)?
- Ist nur eine Leitung betroffen oder mehrere?
2. Netzplan und Spleißprotokolle sichten
Kenntnis über genaue Trassenführung, Muffenstandorte, Splitterpositionen und Faserbelegungen ist entscheidend.
3. OTDR-Messung durchführen
- Vom zentralen Knotenpunkt aus (z. B. POP oder CO) wird die Strecke durchgemessen.
- Fehlerstellen werden auf dem Trace lokalisiert (z. B. Reflexion bei 1.234 m).
4. Lokalisierung vor Ort
Mit GPS und Trassendokumentation kann die Fehlerstelle physisch gefunden werden. Bei Bedarf wird der Boden geöffnet oder Schächte kontrolliert.
5. Fehlerbehebung
- Neuverbindung durch Spleißen.
- Austausch beschädigter Kabelstücke oder Verbinder.
- Reinigung oder Neumontage von Steckverbindungen.
6. Abschlussmessung und Dokumentation
- Erneute OTDR- und Dämpfungsmessung zur Qualitätssicherung.
- Dokumentation der Reparatur im System (z. B. GIS oder Netzdatenbank).
4. Best Practices für nachhaltige Störungsfreiheit
Ein stabiles Glasfasernetz erfordert nicht nur gute Entstörung, sondern auch präventive Maßnahmen:
- Sorgfältige Verlegung und Einblasung: Vermeidung von Biegungen unterhalb des Mindestbiegeradius.
- Fachgerechtes Spleißen und Spleißprotokollierung.
- Verwendung hochwertiger Steckverbinder und Muffsätze, idealerweise mit IP68-Klassifizierung.
- Regelmäßige Wartung und stichprobenartige OTDR-Messungen bei kritischen Strecken.
- Mitarbeiterschulung in Messtechnik und Fehlersuche.
Fazit
Natürlich ist die beste Prävention immer noch eine möglichst akkurate und sorgfältige Installation. Aber auch wenn alles gut installiert ist und die Glasfaser generell deutlich weniger störungsanfällig ist kann es zur Störung kommen. Und die Entstörung im Glasfaserausbau erfordert ein tiefes technisches Verständnis, präzise Diagnosetools und ein strukturiertes Vorgehen. Je besser die Fehlerquellen lokalisiert und dokumentiert sind, desto schneller und gezielter können Maßnahmen ergriffen werden. Für Netzbetreiber, Stadtwerke und Infrastrukturdienstleister ist eine professionelle Entstörung nicht nur eine Frage der Betriebssicherheit – sondern auch ein bedeutender Wettbewerbsfaktor in Zeiten wachsender digitaler Anforderungen. Also eine Sache für Profis!